Ständerat lehnt Landschaftsinitiative ab – und verabschiedet einen widersprüchlichen Gegenvorschlag
Der Ständerat lehnt die Landschaftsinitiative ab. Er setzt aber auf einen indirekten Gegenvorschlag in Form der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes und will die Zahl der Gebäude ausserhalb der Bauzonen auf dem heutigen Niveau stabilisieren. Damit soll der Kulturlandverlust gestoppt und Landschaft, Biodiversität und Baukultur besser geschützt werden. Leider hat der Ständerat aber auch weitere Aufweichungen der Baubestimmungen ausserhalb der Bauzone vorgenommen. Die gesamte Vorlage ist somit widersprüchlich und stellt die Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet wieder in Frage. Die Initianten setzen nun auf den Nationalrat.
Der Ständerat hat heute die vor einer Woche unterbrochene Debatte über die zweite Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (RPG2) und die Landschaftsinitiative fortgesetzt und abgeschlossen. Die gefällten Entscheide sind aus Sicht der Landschaftsinitiative zwiespältig.
Bedauerlich, wenn auch nicht überraschend ist die deutliche Ablehnung der Landschaftsinitiative. Der Ständerat hat aber entschieden, dass die Teilrevision des RPG als indirekter Gegenvorschlag zur Initiative gilt, was auch dem Wunsch des Bundesrats entspricht. Das gibt dem Initiativkomitee die Möglichkeit eines bedingten Rückzugs, der in Betracht gezogen wird, sofern der Gegenvorschlag den Anliegen der Initiative gerecht wird. «Davon sind wir allerdings noch ein gutes Stück entfernt», sagt Elena Strozzi, Geschäftsleiterin der Landschaftsinitiative. «Der Ständerat hat zwar das Stabilisierungsziel mit einer griffigen Umsetzung beschlossen und damit das zentrale Anliegen der Initiative aufgenommen. Gleichzeitig wurden aber zusätzliche Ausnahmen für das Bauen ausserhalb der Bauzonen beschlossen. Damit wird die Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet wieder in Frage gestellt.»
Unbegrenzte Umnutzung von Ställen zu Wohnzwecken untergräbt den Trennungsgrundsatz
Besonders stossend ist aus Sicht der Landschaftsinitiative der Beschluss, die Umnutzung von nicht mehr benötigten landwirtschaftlichen Gebäuden zu Wohnzwecken praktisch unbegrenzt zu erlauben. Hier geht es um 400’000 Ökonomiebauten. In der Vernehmlassung wurde dies nur von einem einzigen Kanton eingefordert, und die Regelung widerspricht zudem diametral den Zielen der 2012 angenommenen Zweitwohnungsinitiative.
Der Nationalrat muss nun die Widersprüche zwischen dem Stabilisierungsziel mit der guten Umsetzung und den viel zu umfangreichen Ausnahmen ausräumen. Nur so kann das Prinzip der Trennung zwischen Baugebiet und Nichtbaugebiet respektiert bleiben. Und nur so kommt ein Rückzug der Landschaftsinitiative in Frage.
Kontaktpersonen
- Pro Natura: Urs Leugger-Eggimann, Zentralsekretär, Präsident des Trägervereins der Landschaftsinitiative, Tel. 079 509 35 49
- BirdLife Schweiz: Raffael Ayé, Geschäftsführer, Tel. 076 308 66 84
- Stiftung Landschaftsschutz Schweiz: Raimund Rodewald, Geschäftsleiter, Tel. 079 133 16 39
- Schweizer Heimatschutz: Patrick Schoeck, Leiter Baukultur, Tel. 079 758 50 60
- Geschäftsführerin Landschaftsinitiative: Elena Strozzi, Tel. 079 555 33 79
Mitgliedsorganisationen des Trägervereins Landschaftsinitiative:
- Pro Natura
- BirdLife Schweiz
- Schweizer Heimatschutz
- Stiftung Landschaftsschutz Schweiz
- VCS Verkehrs-Club der Schweiz
- Casafair
Die Landschaftsinitiative wurde am 8. September 2020 offiziell eingereicht und wird von einem Verein mit sechs Mitgliedsorganisationen getragen. Die Initiative will die zunehmende Verbauung der Landschaften und den alarmierenden Verlust der besten Böden stoppen. In der Schweiz machen die in Nichtbaugebieten errichteten Gebäude mittlerweile 40% der total bebauten Fläche aus. Jedes Jahr kommen weitere 2000 neue Gebäude ausserhalb der Bauzonen dazu – inklusive Einrichtungen für die Erschliessung dieser abgelegenen Orte wie zum Beispiel Strassen. Diese Entwicklung muss gestoppt, das Prinzip der Trennung von Bau- und Nichtbaugebieten muss künftig wieder konsequenter respektiert werden.