Lebensraum

Die Landschaftsinitiative schützt den Boden und sichert Freiräume für die Natur

Die Biodiversität ist in der Schweiz besonders bedroht. Zu ihrem Schutz leistet die Landschaftsinitiative einen wichtigen Beitrag. Die Initiative will die Anzahl der Gebäude ausserhalb der Bauzone begrenzen. Dieser Grundsatz gewährleistet die Trennung von Bau- und Nichtbaugebieten und schützt somit Freiräume für die Biodiversität.  

Dank weniger überbauten Gebieten kann die Flora besser gedeihen und die Fauna findet mehr ungestörte Lebensräume vor. Es gibt noch mehr Vorteile für die Natur: Es braucht weniger Infrastruktur, es gibt weniger Lärm, Luftverschmutzung und Unfälle. Weniger Gebäude bringen auch weniger Verkehr mit sich und haben einen positiven Einfluss auf den Klimaschutz.

Bauboom zerstört Lebensräumen für Tiere und Pflanzen

Zwischen 1985 und 2009 wurden 18.600 ha Land ausserhalb der Bauzonen verbaut. Zum Vergleich: Diese Fläche ist grösser als die Gesamtfläche der Städte Basel, Bern, Genf und Zürich. Es entstanden Wohnhäuser, Strassen, Industriehallen und landwirtschaftliche Nutzbauten, was direkt zum Verlust von Lebensräumen für Flora und Fauna führte. Indirekt schädigen auch Zerschneidungseffekte, intensivere Nutzung, Luft- und Lichtverschmutzung die Biodiversität. Als Folge davon hat sich auch die Qualität der verbleibenden Lebensräume verschlechtert.

Biodiversitätskrise

Die Biodiversität in der Schweiz ist stark bedroht. 36% aller Arten sind gefährdet (rote Liste) und weitere 10% gelten als potenziell gefährdet. Laut einer Studie des Forums Biodiversität Schweiz aus dem Jahr 2013 muss etwa ein Drittel aller Schweizer Flächen geschützt werden, um die Biodiversität zu erhalten und die Ökosystemleistungen aufrechtzuerhalten. Da weniger als 10% der Landesfläche geschützt sind (Stand 2021), sind der Verlust von Lebensräumen und die Fragmentierung der Landschaft zwei der wichtigsten Probleme. Die wachsende Zahl von Gebäuden und Anlagen im Nichtbaugebiet verstärkt das Artensterben. Sie nehmen Raum ein, der sonst der Fauna für die Nahrungssuche und die Fortpflanzung, als sichere Unterschlupfmöglichkeit oder als neue Territorien für Nachkommen dienen könnte. Auch die Intensivierung der Landwirtschaft, z.B. durch bodenunabhängige Masthallen und Treibhäuser als abgeschlossene Systeme, geht auf Kosten der Biodiversität.

Zersiedelung zerschneidet Lebensräume

Die Wildwechsel zwischen ihren Ruhe- und Weideplätzen, Brutstätten, Sommer- und Winterquartieren sind für den Fortbestand der Arten von entscheidender Bedeutung. Die Fragmentierung und Zersiedelung der Landschaft hat jedoch in den letzten Jahrzehnten massiv zugenommen. Insbesondere im Mittelland und in den grossen Alpentälern gibt es kaum noch grosse, unzerschnittene und unbebaute Räume. Die steigende Anzahl von Gebäuden und Infrastrukturen im Nichtbaugebiet verstärkt die Fragmentierung und führt dazu, dass Wildtiere ihre natürlichen Wanderwege nicht mehr nutzen können. In den letzten 30 Jahren haben alleine schon die Verkehrsflächen im Nichtbaugebiet um 15% zugenommen. Die überregionalen Wildtierkorridore sind in einem katastrophalen Zustand: nur ein Drittel dieser Wanderachsen ist intakt, die Hälfte ist beschädigt, 16 % sind vollständig unterbrochen.

Jährlich werden über 20`000 Wildtiere bei Unfällen getötet – diese Zahl umfasst nur die grossen Säugetiere, von den Hirschen bis zum Feldhasen. Die Gesamtzahl der getöteten Tiere fällt deutlich höher aus, da vor allem Amphibien während ihrer saisonalen Wanderungen gefährdet sind.

Das vom Bundesrat 2012 beschlossene Projekt “Ökologische Infrastruktur” (siehe Referenz) versucht, eine Lösung für dieses Problem zu finden. Es sieht vor, naturnahe Flächen wie Wälder, Flüsse und Feuchtgebiete zu vernetzen und damit Wildtierkorridore wiederherzustellen. Die Landschaftsini tiative unterstützt diese Ziele ebenfalls und leistet damit ihren Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität.

Mehrverkehr beeinträchtigt die Biodiversität

Streusiedlungen und vor allem Einzelgebäude im Nichtbaugebiet können kaum durch öffentliche Verkehrsmittel bedient werden, da dies zu unrentabel ist. Deshalb werden sie meist durch den motorisierten Individualverkehr, also Autos, erschlossen.  Umgekehrt gilt auch, dass der ausufernde Strassenbau die Ausbreitung von Wohn- und Gewerbebauten sowie Freizeitanlagen fördert: ein Teufelskreis, der auch zu immer längeren Arbeits- und Freizeitwegen führt. Ausserhalb der Bauzonen ist auch die Nutzung von Forst- und Landwirtschaftsstrassen als Zufahrt zu Zweitwohnungen ein Problem.

Der enorme Flächenverbrauch für Strassen und Parkplätze geht auf Kosten der natürlichen Lebensräume, und die Zerschneidungseffekte der Strassen beeinträchtigen – wie oben erwähnt – die Fauna besonders stark. Der motorisierte Privatverkehr stört die Biodiversität durch weitere Auswirkungen: Benzin- und Dieselautos gehören wegen ihrer Treibhausgas-Emissionen zu den Hauptverursachern der Klimakrise, deren Folgen wiederum natürliche Lebensräume bedrohen oder zerstören. Auch Luftverschmutzung, Lärm und Unfälle sind negative Auswirkungen des Verkehrs, die ausser den Menschen auch Tiere und Pflanzen betreffen.

Zu helle Nächte für Nachtaktive

Ein Übermass an künstlichem Licht, das mit der Zersiedlung einhergeht, hat negative Auswirkungen auf das Leben vieler Tier- und Pflanzenarten. Besonders die Nachtfauna wird durch verschiedene Lichtquellen gestört. Die luziferische, also das Licht meidende Nachtfauna gerät dadurch immer mehr unter Druck.

Hier ein paar Beispiele:

  • Zugvögel orientieren sich mit Hilfe der Sterne. Wenn sie aufgrund der Lichtverschmutzung die Sterne nicht mehr sehen, stört dies ihre Reiserouten.
  • 95% der 3668 bei uns bekannten Schmetterlingsarten sind nachtaktiv und nutzen ihre Antennen zur Orientierung. Sie konkurrieren zudem nicht mit Bienen und anderen tagaktiven Bestäubern um den Zugang zum Pflanzennektar.
  • 27 von 30 einheimischen Fledermausarten sind sehr lichtempfindlich. Doch auch die weniger lichtempfindlichen Arten sind von der Lichtverschmutzung betroffen. Fledermäuse ernähren sich hauptsächlich von Insekten. Diese werden von Lichtquellen angezogen und werden so zur leichten Beute für andere Raubtiere, so dass sich ihre Population verringert.

Der Beitrag der Landschaftsinitiative zur Biodiversität

Die Landschaftsinitiative bietet eine Lösung, um die fortschreitende Zersiedelung zu stoppen. Das Plafonierungsziel der Initiative für die Anzahl und die Fläche der Gebäude reduziert auch die damit verbundene Infrastruktur. Die Initiative sieht klare Regelungen vor, die einen Anreiz schaffen, in der Landwirtschaftszone nur das zu bauen, was wirklich notwendig ist. Zudem sollen Umbauten und Erweiterungen von Gebäuden nur dann erlaubt sein, wenn dies für die Gesamtsituation in Bezug auf Natur, Landschaft und Baukultur von Vorteil ist.

Weniger Bauten, weniger Infrastruktur und somit auch weniger Störungen sind ein Plus für die Natur. Die Landschaftsinitiative will

  • den Bauboom und die Zersiedelung in Nicht-Bauzonen stoppen,
  • das Bauen ausserhalb der Bauzonen klaren Regeln unterwerfen,
  • naturnahe Flächen für Pflanzen und Tiere sowie Kulturland für die einheimische Nahrungsmittelproduktion erhalten.

Redaktion, Mai 2023.

Referenzen

Foto Header: © Michael Gerber.

Schwick, C., Jäger, J., Hersperger, Cathomas, G., A., Muggli, R. 2018. Zersiedelung messen und begrenzen, Bristol Stiftung, Haupt, Bern.

(o.A.) Admin, BAFU: Ökologische Infrastruktur:

https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/biodiversitaet/fachinformationen/oekologische-infrastruktur.html

(o.A.) Admin, BAFU: Wildtierkorridore

https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/biodiversitaet/fachinformationen/oekologische-infrastruktur/wildtierpassagen.html

(o.A.) Pro Natura: Licht aus für die Nachttiere:

https://www.pronatura.ch/de/2019/licht-aus-fuer-die-nachttiere (02.5.23 /18:00).

(o.A.) PRO Natura: Freie Bahn für Wildtiere:

https://www.pronatura.ch/de/wildtierkorridore (02.05.23 /18:00).

Hintergrundinformationen

Erfahren Sie mehr über die Auswirkungen von Bautätigkeiten auf die Biodiversität auf der Internetseite von Pro Natura.

Erfahren Sie auf der Internetseite von BirdLife, wie Sie sich aktiv für die Biodiversität einsetzen können!

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